Vom Treuhänder zum Firmenbestatter Hinzugefügt am 6. Mai 2019 | by Markus Zöbeli | Uncategorized | (Textauszug Beobachter vom 31. Januar 2019 / von Thomas Angeli) „Mir war nicht bewusst, dass das strafbar war“. Rolf B. war einer der führenden Köpfie hinter dem System der Firmenbestattungen. Jetzt spricht er zum ersten Mal über seine Geschäfte. Ein Gewerberaum im Kanton Aargau, ein schmuckloses Büro, das auch schon mehr Angestellte gesehen hat. Von hier aus organisierte der Treuhänder Rolf B. jahrelang Firmenbestattungen. Das Geschäft florierte, bis 2015 die Staatsanwaltschaft zuschlug. 2018 wurde er wegen Anstiftung zur Misswirtschaft und zur Unterlassung der Buchführung in 126 Fällen sowie mehrfacher Begünstigung zu einer teilbedingten Gefängnisstrafe von 22 Monaten verurteilt. Zudem muss er die Verfahrenskosten von 165’000 Franken tragen und den Gewinn in Höhe von 189’000 Franken abliefern. Beobachter: Wie kommt man als Treuhänder in das Geschäft mit Firmenbestattungen? Rolf B.: Ich habe diese Tätigkeit schon 25 Jahre lang ausgeübt, ohne dass es je Probleme mit der Justiz gab. Früher übernahm ich die Mandate zum Teil selbst, später brachte ich die Firmenbesitzer, also die Vororgane, mit den Firmenbestattern, den Endorganen, zusammen. Ich betrieb also eine Art Personalvermittlung. Sie verdienten Geld mit illegalen Geschäften auf Kosten der Gläubiger… Ich war mir damals der strafrechtlichen Relevanz nicht bewusst. Schliesslich war ich ja nicht derjenige, der die Schulden angehäuft hat. Und moralische Skrupel hatten Sie nicht? Klar half ich den Firmenbesitzern, ihre persönliche Bonität zu retten, indem ihr Name nie direkt im Zusammenhang mit dem Konkurs ihrer Firma erschien. Aber moralische Bedenken hatte ich eigentlich nur in den Fällen, in denen Sozialabgaben nicht bezahlt wurden… Die Inhaber solcher Firmen stammen zum grössten Teil aus dem Balkan. Viele von ihnen sind gute Handwerker, aber von Betriebsführung verstehen die meisten nichts. 99 Prozent der Betriebe, die bei mir landeten, hatten keine Buchhaltung. Und wie soll man einen Betrieb sanieren, wenn man keine Buchhaltung hat. Wie lief denn ein typisches Geschäft bei einer Firmenbestattung ab? Ab 2012 hatte sich immer mehr herumgesprochen, dass es da einen Treuhänder gibt, der Probleme lösen kann. Da rannten mir die Inhaber von finanziell angeschlagenen Firmen fast die Bude ein. Ich war ab diesem Zeitpunkt kaum noch im Büro, denn das Geschäftliche wickelte ich praktisch immer in einem Restaurant ab. Dort traf ich die Firmeninhaber und den Bestatter, klärte die Bezahlung und liess sie eine Vollmacht unterschreiben, mit der ich dann beim Notar die Firma auf den Bestatter umschreiben lassen konnte. Dabei änderten wir meist auch noch gleich den Firmenzweck, den Namen und das Domizil. Diese Treffen dauerten jeweils kaum mehr als eine Stunde. Und was kostete eine Firmenbestattung bei Ihnen? Der Bestatter und ich erhielten durchschnittlich je etwa 1500 Franken. Dann kamen die Kosten für den Notar und das Handelsregister sowie die Domizilgebühren dazu. Im Durchschnitt kostete eine Firmenbestattung 3500 bis 5000 Franken… Wer waren die Leute, die die Firma dann endgültig bestatteten? Bei den meisten handelte es sich um Randständige, die hohe Schulden hatten. Das fing mit einem an und sprach sich in der Szene sehr schnell herum… Insgesamt arbeitete ich mit sechs verschiedenen Bestattern zusammen. Sie haben in einem abgekürzten Verfahren in einen Deal eingewilligt und eine teilbedingte Strafe von 22 Monaten akzeptiert. Warum eigentlich? Zum einen kam ich in der Untersuchungshaft zur Einsicht, dass ich es mit dem Bestattungswesen übertrieben hatte. Ich bezeichne mich selbst als erfahrenen Treuhänder und bin leider meiner Verantwortung und meinen Sorgfaltspflichten nicht ganz nachgekommen… Weiterlesen. Konkursreiterei: Prävention in der Geschäfts-Praxis Illegale Firmenkonkurse – Die kriminellen Machenschaften