Waterloo der Populisten Hinzugefügt am 28. März 2020 | by Markus Zöbeli | Uncategorized | (Textbeitrag Tages-Anzeiger vom 27. März 2020 / Meinung von Sandro Benini) Donald Trump, Jair Bolsonaro, Andrés Manuel López Obrador — die populistischen Politiker Amerikas erweisen sich in der Krise als unfähig. Selbst auf eigene Anhänger wirken sie nicht mehr überzeugend. Gäbe es einen internationalen Wettbewerb, welche Politiker in der Corona-Krise bisher die kläglichste Figur gemacht haben, dann wären die Regierungschefs der drei bevölkerungsreichsten Länder des amerikanischen Kontinents valable Kandidaten auf einen Spitzenplatz. US-Präsident Donald Trump, der Mexikaner Andrés Manuel López Obrador und der Brasilianer Jair Bolsonaro haben die Gefahr verharmlost, sie haben frivole Sprüche gemacht, wissenschaftliche Tatsachen geleugnet, die Schuld auf andere abgeschoben, die Empfehlungen ihrer eigenen Sicherheitsexperten ignoriert und der Bevölkerung durch ihr Verhalten ein miserables Beispiel gegeben. Und sie haben wahrscheinlich einen Teil des zeitlichen Vorsprungs verspielt, den Amerika gegenüber Asien und Europa hat, um das Virus einzudämmen. Irrationalismus und clowneske Verantwortungslosigkeit linker und rechter Populisten à la Trump, López Obrador, Bolsonaro: Der US-Präsident nennt das Virus Ende Februar einen «Hoax» seiner demokratischen Gegner, behauptet, im April werde es wegen der wärmeren Temperaturen von selber und wie durch «Magie» verschwinden, und verbreitet auch danach so viel Unsinn, dass ihn der landesweit bestqualifizierte Epidemiologe, Anthony Fauci, immer wieder öffentlich korrigieren muss. «Man soll sich umarmen» López Obrador nimmt noch Mitte März ein Bad in der Menge, schüttelt Hände, umarmt und küsst seine Anhänger. «Man soll sich umarmen, dabei passiert nichts», sagt er. Bei einer Pressekonferenz hält er Amulette hoch, die ihn angeblich vor einer Ansteckung schützen, und der für die Corona-Krise zuständige Gesundheitsexperte Hugo López-Gatell behauptet, der Präsident sei eine «moralische Kraft, keine ansteckende Kraft». Bolsonaro spricht Anfang März von einer «kleinen Krise», betont aber, das Virus sei «eher eine Fantasie». Am 15. März nimmt er, umgeben von jubelnden Fans, an einer Massendemonstration teil. Zwei Tage später bezeichnet er die Sorgen der Öffentlichkeit wegen der rapiden Ausbreitung des Erregers als «Hysterie». Dass die Scheu davor, die Wirtschaft zu einem abrupten Stopp zu zwingen, jenseits des Atlantiks grösser ist als in Europa, lässt sich nachvollziehen. Denn die sozialen Sicherungssysteme sind in den USA schwächer als in Europa, und in Brasilien und Mexiko arbeiten mehr als 40 Prozent der Bevölkerung im sogenannt informellen Sektor, ohne Vertrag und Arbeitnehmerrechte. Über das Abwägen zwischen ökonomischen und gesundheitspolitischen Interessen kann man mit gutem Gewissen unterschiedliche Meinungen vertreten, und im Zusammenhang mit den Gefahren von Covid-19 haben sich auch Journalisten, Ärzte, Literaturnobelpreisträger und andere geirrt. Profilierungssüchtige, teilweise faktenwidrige, aber umso klugscheisserische Polemik betreibt auch der berufsempörte Schweizer Büchnerpreis-Träger Lukas Bärfuss, der in der jüngsten Ausgabe des «Spiegels» aus dem Handgelenk ein paar Knallpetarden gegen die Schweiz und ihre Regierung zu werfen versucht. Barack Obama und George W. Bush machte es besser Hätten sich die Präsidenten der drei wichtigsten amerikanischen Länder zu Beginn der Krise in gutem Treu und Glauben geirrt, wäre es selbstgerecht, ihnen dies vorzuwerfen. Was sie disqualifiziert, ist die Unfähigkeit, eine der nobelsten Funktionen ihres Amtes wahrzunehmen: In einer Notlage Sicherheit, Souveränität und staatsmännische Würde auszustrahlen. Sich von Anfang an mit den richtigen Worten an die gesamte Bevölkerung zu wenden, nicht bloss an die eigenen Anhänger wie im Wahlkampf. In der Not Grösse zu zeigen und das Hickhack gegenüber dem politischen Gegner einzustellen, statt ihm die Schuld an eigenen Unzulänglichkeiten aufzubürden. Den Eindruck zu vermitteln, zwar nicht unfehlbar, aber der Rolle des obersten Krisenbewältigers charakterlich und intellektuell gewachsen zu sein. Wie es bei Barack Obama und nach 9/11 auch bei George W. Bush der Fall war.