Akteneinsichtsrecht bei Betreibungsauskünften Hinzugefügt am 10. November 2023 | by Markus Zöbeli | Uncategorized | (Meinung in einem Beitrag der LawMedia Redaktion vom 11. November 2023) Hat man Anspruch zu wissen, wer über einem einen Betreibungsregisterauszug verlangt hat? Einleitung Das neue Datenschutzrecht, welches am 01.09.2023 in Kraft getreten ist, hat viele im Zusammenhang mit den eigenen Daten sensibilisiert. Es ist ein echtes Bedürfnis eines jeden, zu wissen, wer nach der eigenen Solvenz geforscht hat. Einsichtsberechtigung (sog. Selbstauskunft / Eigenauszug) Jede Person hat in Bezug auf sich selbst einen jederzeitigen Anspruch auf Einsicht in alle Betreibungsakten (vgl. PETER JAMES T., a.a.O., N 8 zu Art. 8a SchKG). Dem Schuldner steht ein unbedingtes Einsichtsrecht in die Akten zu (vgl. BGer 5A_891/2015, Erw. 4.3). Jede Person ist berechtigt, zu wissen, wer über sie einen Betreibungsregisterauszug verlangt hat. Einsichtsinteresse Zur Einsicht ist der Schuldner berechtigt, wenn er ein schützenswertes, besonderes und gegenwärtiges Interesse daran hat: Das Interesse braucht nicht finanzieller Natur zu sein. Es genügt auch ein rechtliches Interesse anderer Art (vgl. BGE 105 III 38, Erw. 1). Legitimationsprüfung Das Betreibungs- bzw. Konkursamt darf für die Auskunft die vorgängige Prüfung der Berechtigung verlangen, welches bei der betroffenen Person eine Identitätsprüfung voraussetzt (vgl. BGer 5A_201/2013, Erw. 3.2): Vorlage Pass oder Identitätskarte (ID) durch den Schuldner. Gegenstand Der Anwendungsbereich von Art. 8a SchKG erstreckt sich nicht nur auf die Akteneinsicht, sondern auch auf Auszüge aus den Protokollen und Registern, also grundsätzlich auf alle Akten (vgl. BGE 93 III 4, Erw. 1; BGE 110 III 49, Erw. 4), die bei einem Betreibungs- oder Konkursamt oder bei einem atypischen Organ liegen: Grenze Eine Auskunftsgrenze besteht da, wo dem Amt ein unzumutbarer Aufwand entstehen würde (BGE 102 III 61; BGE 110 III 49, Erw. 4). Keine (Original-)Aktenherausgabe Es besteht nur der Anspruch auf Auszüge und Kopien, nicht aber auf eine «Aktenherausgabe»: Dies gilt auch für Gerichte, welche die Akten nach dem massgebenden Prozessrecht edieren und nicht beschlagnahmen können (vgl. BGer 7B.99/2005, Erw. 1.2.5, vom 15.11.2005 betreffend Untersuchungsrichteramt). Bei Querulanz «Selbstauskunfts»-Begehren können scheitern an Querulanz an überwiegenden öffentlichen oder Drittinteressen Vgl. BGer 7B.189/2005, Erw. 2.2. vom 13.12.2005. Tiefe der Akteneinsicht Manchmal können «Eigenauskunfts»-Begehren bei der Amtsstelle auf viele Vorakten treffen. Es besteht daher kein grundsätzlicher Anspruch, schrankenlos in alle Akten Einsicht nehmen zu können: Glaubhaftmachung Das Einsichtsinteresse ist glaubhaft zu machen. Art des Interesses Ein Interesse besteht nie abstrakt. Massgebend ist das konkrete Interesse. Tragweite des Interesses bestimmt Tiefe der Akteneinsicht Die Tragweite des Interessens bestimmt die Tiefe der Akteneinsicht (vgl. BGE 135 III 507, Erw. 3; BSK SchKG-I-Peter, N 17 zu Art. 8a SchKG). Nennung der Personen, die Auskunft erhalten haben Sind entsprechende Unterlagen vorhanden und macht der Betroffene die notwendigen Angaben, kann er verlangen, dass ihm mitgeteilt wird, welche Personen einen Betreibungsregisterauszug über ihn verlangt und erhalten haben. Grundsätzlich kann also die Auskunft beim Betreibungsamt verlangt werden, wer über einem ein Betreibungsregisterauszug verlangt hat. Die zurückliegende Auskunftsphase beträgt die letzten fünf Jahre. Keine «Auskunfts»-Buchführung Das Betreibungsamt resp. Konkursamt ist nicht verpflichtet, über erteilte Auskünfte Buch zu führen und dem Gesuchsteller eine Liste auszuhändigen (vgl. BGer 5A_891/2015, Erw. 4.3). Fazit Das Interesse des Schuldners an der Einsichtnahme in alle ihn betreffenden Akten des Betreibungs- bzw. Konkursverfahrens ist – anders als von den Amtsstellen oft behauptet – durchwegs zu bejahen.