Der endlose Ärger mit Betreibungen Hinzugefügt am 21. Juli 2016 | by Markus Zöbeli | Uncategorized | In diversen Medienberichten (z.B. BZ, AvU, ZSZ, ZO etc.) ist am 20. Juli 2016 ein Artikel zu der Problematik von Betreibungsregisterauszügen erschienen, welche (angeblich) keine genaue Angaben über die Bonität einer betriebenen Person machen. Grund: Der Registerauszug erfasst nur Betreibungen am Gemeindewohnsitz (weder kantonal, geschweige den schweizweit). Diese Problematik wurde im Kanton Zürich durch den Kantonsrat aufgenommen und mittels Motion an den Regierungsrat überwiesen (aktueller Stand: Vernehmlassungsverfahren). Textauszug aus dem Artikel von Gregor Poletti: Mit Betreibungsregisterauszügen wird immer wieder Schindluderei betrieben. Doch erst jetzt geht der Bund ernsthaft daran, Missbräuche einzudämmen. Die Gründe für diese „Gemächlichkeit“ sind vielfältig. Lieferanten, Vermieter, Banken oder Krankenkassen könnten relativ einfach getäuscht werden, wenn sie sich ein Bild über die Zahlungsfähigkeit einer Person machen wollten, warnt der Bündner CVP Nationalrat Martin Candinas schon seit längerem. Er forderte bereits 2012 einen entsprechenden Bericht und versucht nun mit einer Motion, dem Bund Beine zu machen… Möglich wird dieser Missbrauch, weil es den Beamten untersagt ist, einen Nachweis über den Wohnsitz im jeweiligen Betreibungskreis zu verlangen. Zudem sind die Register weder kantonal noch national miteinander vernetzt. Candinas lamentiert in seinem parlamentarischen Vorstoss, dass „dieser Umstand erheblichen wirtschaftlichen Schaden anrichtet“. Wie gross dieser ist, lässt sich laut Roger Schober (Präsident der Konferenz der Betreibungs- und Konkursbeamten der Schweiz) nicht genau beziffern. Aber er widerspricht Candinas: „Gross ist der Schaden sicher nicht, aber sehr ärgerlich für die Betroffenen.“ … Trotz der relativ geringen Fallzahlen muss auch David Rüetschi, Leiter Fachbreich Zivil- und Zivilprozessrecht im Bundesamt für Justiz, eingestehen, dass die heutige Situation „unbefriedigend“ ist. Er macht vor allem technische Gründe geltend, weshalb diese Lücke noch immer besteht. Weiterlesen. Grotesk mutet an, dass gerade Gläubiger vermehrt und „flächendeckend“ zu Recht eingeleitete Betreibungen nach deren Verfahrensende (meist nach Bezahlung der ausgewiesenen Schuld) beim zuständigen Betreibungsamt löschen bzw. zurückziehen. Sei es die Mehrwertsteuer, Versicherung, das KMU oder die Krankenkasse; die Betreibungsämter werden angewiesen, die Betreibung unverzüglich zu löschen. „Für einen solchen Rückzug einer Betreibung verlangen Gläubiger vom Schuldner immer öfter eine – teilweise unstatthaft hohe – Bearbeitungsgebühr. Aufgrund der in der Praxis durch die meisten Betreibungsämter geltend gemachten Gebührenverordnung erfolgt der Rückzug einer Betreibung durch das zuständige Betreibungsamt kostenlos (Bundesgerichtsentscheid hängig). In den letzten Jahren hat sich dies zu einem Massengeschäft entwickelt. Als Vergleich: Das Betreibungsamt (BA) Dübendorf erfasste im Jahr 2013 etwa 11 000 Betreibungen. Demgegenüber kam es seitens der Gläubiger zu 2 933 Rückzügen von Betreibungsbegehren. D.h., statistisch wurden über ein Viertel der eingeleiteten Begehren seitens des Gläubigers zu einem späteren Zeitpunkt wieder zurückgezogen.“ (Quellenangabe) Zusätzliche Anmerkung: Rückzüge von Betreibungen bisher im Jahr 2016 BA Dübendorf: 1 848 (bei 6 758 eingeleiteten Betreibungen = 27%). Diese geben durch die Rückzüge der Betreibungen vermehrt keine Angaben zu der Bonität einer natürlich oder juristischen Person mehr. Auf Wunsch der Gläubiger, welche die unbefriedigende Situation durch ihre Rückzüge produzieren und welche nun gleichzeitig diese Situation mokieren bzw. glauben, mit einem kantonal oder national vernetzten Auszug zu verbessern. Gleichwohl ist die Praxis seitens der Gläubiger verständlich, denn der Druck der Schuldner wird immer grösser, solche Löschungen vorzunehmen. Auch die Situation des Schuldners ist verständlich: ohne einen makellosen Betreibungsregisterauszug findet er heutzutage kaum mehr eine (bezahlbare) Wohnung. Oder bleibt, auch bei inzwischen wieder vorhandener Solvabilität, von attraktiven Bezahlsystemen der Unternehmen (z.B. Kaufhäuser oder Dienstleistungsangebote) ausgeschlossen.