«Sie haben mir fast das Doppelte verrechnet» Hinzugefügt am 8. August 2022 | by Markus Zöbeli | Uncategorized | (Textbeitrag 20 Minuten vom 6. August 2022 / von Thomas Obrecht) Reihenweise bestellen Leute ihren Betriebsregisterauszug digital über private Anbieter statt direkt beim Amt. Laut dem Konsumentenschutz werden die Konsumenten abgezockt. Die Anbieter wehren sich. «Sie haben mir fast das Doppelte verrechnet» – empört meldete sich der Leser Michael Schlye (61) bei der 20-Minuten-Redaktion. Beim Versuch, einen kantonalen Betreibungsregisterauszug zu bestellen, hat er bei einem teureren privaten Anbieter bestellt. Statt den Betreibungsregisterauszug direkt vom kantonalen Amt zu beziehen, hat er damit unabsichtlich ein Privatunternehmen beauftragt, dies für ihn zu erledigen. Er fühlt sich getäuscht. Der Betreibungsregisterauszug kostet bei kantonalen Ämtern in der Regel 17 Franken plus jeweils rund einen Franken Porto für die Zustellung per Post. Bei privaten Anbietern zahlt man zwischen 27.50 Franken bis hin zu 35 Franken. «Als würde man eine Drittperson beauftragen, in der Migros einkaufen zu gehen» Gerhard Kuhn vom Betreibungs- und Konkursamt Basel-Stadt kritisiert dieses Geschäft. «Diesen Mittler zwischen der bestellenden Person und dem Betreibungsamt braucht es nicht. Sie erbringen keinen Mehrwert für den Kunden.» Auch Bogdan Todic, Sprecher des gesamtschweizerischen Verbandes der Betreibungsämter und Dienststellenleiter vom Betreibungsamt St. Gallen, teilt Kuhns Ansicht. «Bei solchen privaten Anbietern den Auszug zu bestellen, ist in etwa so, als würde man eine Drittperson beauftragen, in der Migros für sie einkaufen zu gehen. Die Produkte sind gleich teuer, der Dienstleister verrechnet für seine Dienstleistung aber zusätzlich eine Servicegebühr.» Yves de Mestral, Präsident der Stadtammänner und Betreibungsämter der Stadt Zürich, hat für diese privaten Anbieter wenig Sympathie. «Wir erhalten zu keinem Thema mehr Reklamationen als zu den privaten Anbietern von Betreibungsregisterauszügen.» Die Leute seien genervt, zu viel für den Auszug bezahlt zu haben und diesen in der Regel auch nicht schneller zu erhalten. «Das wird rücksichtslos ausgenutzt» Trotz umstrittenem Mehrwert werden private Anbieter wie Eamt, Flatfox und Betreibungsschalter-plus regelmässig genutzt. Dies nicht zuletzt aufgrund von Google-Suchergebnissen. «Private Unternehmen kämpfen teils mit finanziellen Mitteln darum, weit oben in den Suchergebnissen zu erscheinen. Die kantonalen Ämter machen bei diesem Wettbewerb nicht mit», sagt Sara Stalder vom Schweizer Konsumentenschutz. Im Fall von Betreibungsschalter-plus werde zudem mit dem Namen eine Verwechslung bewusst in Kauf genommen. Der Begriff Betreibungsschalter sei rechtlich nicht geschützt. «Das wird rücksichtslos ausgenutzt», sagt Stalder. Giovanni Borrelli, Geschäftsführer der Collecta AG, welche die Plattform Betreibungsschalter-Plus (BS+) betreibt, weist jegliche Vorwürfe zurück. «Wir entlasten die Betreibungsämter in hohem Mass, einerseits durch den vollständigen digitalen Bestell- und Lieferprozess, andererseits durch eine Sammelrechnung anstelle von mehreren einzelnen Rechnungen.» Auch das Erkaufen einer besseren Google-Platzierung bestreitet Borrelli. «Dass Kunden uns nutzen, verschafft uns das bessere Ranking. Wir haben selber keinen direkten Einfluss.» Auch Julia Bitschnau vom Anbieter Flatfox relativiert die Kritik. «Man muss nicht über uns bestellen, aber unsere Kunden schätzen die rundum digitale Alternative und rasche Zustellung.» Der Aufpreis sei also durchaus gerechtfertigt.