Staatlich verordnete Stundung Hinzugefügt am 29. März 2020 | by Markus Zöbeli | Uncategorized | (Textauszug NZZ vom 28. März 2020 / Meinung von Andrea Martel) Der Bundesrat hat im Bereich des Mietrechts zwei sinnvolle Entscheidungen getroffen: Zügeln bleibt erlaubt, Geschäftsmieter erhalten zwei zusätzliche Monate Zeit, um ihre Mieten zu zahlen. Mieter, Vermieter, Bewirtschafter und Zügelunternehmen können aufatmen. Der Bundesrat hat am Freitag entschieden, dass Wohnungsumzüge erlaubt bleiben, wenn die Empfehlungen des Bundesamtes für Gesundheit betreffend Hygiene und Distanz eingehalten werden können. Damit wurde der Verwirrung ein Ende gesetzt, die seit Mittwoch bestand, als der Direktor des Bundesamts für Wohnungswesen entgegen früheren Aussagen plötzlich meinte, es werde von Umzügen abgeraten, auch wenn diese nicht verboten seien. Dass die grosse «Frühlingszüglete» stattfinden bzw. weiterlaufen kann, ist ein sinnvoller Entscheid – nicht nur, weil die Umzüge bereits begonnen haben und ein Stopp in letzter Sekunde ein grosses Chaos verursacht hätte. Der Bundesrat ist auch seinem Grundsatz treu geblieben, das wirtschaftliche Leben wo immer möglich weiterlaufen zu lassen. Es darf nicht vergessen werden, dass jede Wertschöpfung, die weiterhin stattfindet, mithilft, dass das Land nach dem Ende der Krise rascher wieder auf die Beine kommt… … Auch bei einem zweiten mietrechtlichen Thema hat der Bundesrat einen sinnvollen, wenig invasiven Weg gewählt. Es geht um die juristisch bisher nicht geklärte Frage, ob Geschäfte, die vom Bundesrat zwangsweise geschlossen wurden, weiterhin Miete zahlen müssen. Statt ins hochkomplizierte Mietrecht einzugreifen, was unabsehbare Folgen gehabt hätte, entschloss er sich für eine «staatlich verordnete Stundung», wie es der Mietrechtsexperte Beat Rohrer nennt. Coiffeure, Kosmetikerinnen, Gastwirte oder Ladenbesitzer, die ihre Türen schliessen mussten, haben zwei Monate länger Zeit, um ihren Mietzins oder ihre Pacht zu zahlen. Wer Ende Monat seine Miete für April oder für das zweite Quartal nicht zahlt, wird möglicherweise trotzdem die Kündigung wegen Zahlungsverzugs angedroht bekommen. Aber die Frist, innerhalb deren bezahlt werden muss, um die Kündigung zu vermeiden, dauert nicht mehr 30 (Miete) bzw. 60 Tage (Pacht), sondern jeweils 60 Tage länger. Auch hier wird es Schwierigkeiten geben. Nicht alle Vermieter haben so tiefe Taschen wie Swiss Life oder Swiss Prime Site. Der Grossteil der Liegenschaften gehört Privatpersonen, etwa Rentnern, denen die eigene Liegenschaft die Pensionskasse ersetzt. Wenn sie bis Ende Juni, bei Pachten sogar bis Ende Juli, nun allenfalls kein Geld von ihren Mietern bekommen, kann das zu Liquiditätsproblemen führen. Umgekehrt löst eine reine Stundung das Problem der Geschäftsmieter, dass ihnen der für die Mietzinszahlungen notwendige Umsatz schlicht und einfach fehlt, nicht. Aber auch diese Probleme sollten lösbar sein, und zwar am besten dadurch, dass Mieter und Vermieter zusammensitzen. Bundesrat Parmelin appellierte denn auch explizit an die Parteien, «einfache, konkrete und für beide Seiten realistische» Lösungen zu finden, statt auf weitere Massnahmen des Bundesrats zu warten. Weiterlesen.