Über 100 Betreibungen Hinzugefügt am 10. Oktober 2020 | by Markus Zöbeli | Uncategorized | (Textauszug Tages-Anzeiger vom 10. Oktober 2020 / von Martin Sturzenegger) Die grösste Kunstmesse von Zürich hat akute Geldprobleme. Der Event „Kunst Zürich“ steht bei zahlreichen Gläubigern – nicht erst seit Corona – in der Kreide. Trotzdem soll er Ende Monat zum 26. Mal stattfinden. Nora Bornhauser (Name geändert) war überrascht, dass sie derart schnell einen Job bekam. Nur einen Tag nachdem sich die 25-Jährige auf einem Jobportal der Universität Zürich auf ein Inserat gemeldet hatte, stand sie bereits an ihrem Arbeitsplatz: Halle 550 in Oerlikon. In der ehemaligen Industriehalle der ABB sollte eine weitere Ausgabe der Kunst Zürich stattfinden, der grössten und bedeutendsten Kunstmesse der Stadt. Bornhausers Aufgabe bestand darin, in einem T-Shirt mit der Aufschrift «Staff» die Notausgänge zu bewachen. Dafür wurden Bornhauser 1500 Franken in Aussicht gestellt. Geld, das sie gut hätte gebrauchen können. Denn sie wollte 2018 auswandern. Doch Bornhauser erhielt keinen Rappen. Sie schrieb zahlreiche Mails an Evelyne Fenner, die Geschäftsleiterin der Kunst Zürich, in der Hoffnung, doch noch an Geld zu kommen. Fenner reagierte erst freundlich mit Zahlungsversprechen. Als Bornhauser weiter insistierte, klagte die Kunstmesse-Leiterin in E-Mails zunehmend über die eigene Situation – über Schuldner, die nicht bezahlten, und Löhne, die sie sich selber nicht auszahle. Als Bornhauser ein halbes Jahr später über die eingeleitete Betreibung informiert, reagiert Fenner in einem aggressiven Ton: «Ich habe weder Zeit noch Nerven für dumme Spielchen.» Wenn ihre GmbH in Konkurs gehe, werde sie erst recht kein Geld erhalten. «Entweder Sie begreifen oder nicht!» Bornhauser sagt, es gehe ihr weniger ums Geld, sondern ums Prinzip: «Wer sein Arbeitspersonal so behandelt, soll nicht einfach so damit durchkommen.» Nach zwei Jahren Wartezeit geht es dann plötzlich schnell. Kurz vor Publikation dieses Artikels erhält Bornhauser ihr Geld doch noch. «Ein solcher Auszug ist ungewöhnlich» Recherchen zeigen, dass Bornhauser kein Einzelfall war. Der Betreibungsregister-Auszug der Kunst Zürich GmbH umfasst mittlerweile 116 Einträge auf 11 A4-Seiten. Gemäss dem Auszug sind Forderungen von mehreren Hunderttausend Franken unbeglichen. Der erste Eintrag datiert vom 2. März 2016. Seither sind die Intervalle von einer Betreibung zur nächsten stets kleiner geworden. Allein im Juni 2020 sind elf neue Einträge vermerkt. Unter den Gläubigern befinden sich nebst Privatpersonen auch Versicherungen, Grafikateliers, Elektrizitätswerke oder Medienverlage. Die mutmasslich geschuldeten Beträge variieren. Bei einigen sind es bloss wenige Hundert Franken, in einem Fall aber auch 112’000 Franken. «Ein solcher Auszug ist ungewöhnlich», sagt Bogdan Todic von der Konferenz der Betreibungs- und Konkursbeamten der Schweiz. Das Vorhandensein von fruchtlosen Pfändungen und Konkursandrohungen, wie es bei der Kunst Zürich GmbH der Fall ist, sei in der Regel ein Zeichen, dass eine Gesellschaft über keine liquiden Mittel verfüge und die Gläubiger Schwierigkeiten haben könnten, Geld zu erhalten. Dennoch soll die 26. Kunst Zürich Ende Oktober stattfinden. Aufgrund von Corona zwar eingeschränkt, laut Fenner aber doch mit einigen Highlights – wie etwa der frisch renovierten ABB-Halle. Zu den Betreibenden gehört auch Judith Brunner. Die Geschäftsführerin des Werbetechnik-Ateliers 2b in Wetzikon sagt, sie warte seit zwei Jahren auf knapp 10’000 Franken. Sie fühle sich von Fenner getäuscht: Die Messeleiterin habe sie stets mit Zahlungsversprechen hingehalten. «Ich glaube nicht, dass sie in böser Absicht handelt», sagt Brunner. Wem es gelinge, seit mehr als 20 Jahren eine Kunstmesse durchzuführen, der habe sicherlich Qualitäten, «doch mit Zahlen kann sie nicht umgehen». Eine Zusammenarbeit käme für Brunner nur nach Abzahlung der Schulden und mit Vorauszahlung infrage… Weiterlesen (zum kostenpflichtigen ABO-Artikel).