Wer Sozialhilfe will, muss Strafregister zeigen Hinzugefügt am 3. September 2025 | by Markus Zöbeli | Uncategorized | (Textbeitrag Tages-Anzeiger vom 1. September 2025 / von Lorenzo Petrò) Die Gemeinde Zell im Tösstal verlangt von Sozialhilfeempfängern einen Strafregisterauszug – als Einzige in der Schweiz. Experten kritisieren das Vorgehen: Es verletze die Persönlichkeitsrechte der Klienten. In Kürze: Die Zürcher Gemeinde Zell fordert von Sozialhilfeempfängern einen Strafregisterauszug als Pflichtdokument. Eine kantonale Sozialarbeiterin meldete diese ungewöhnliche Praxis beim Beratungszentrum des «Beobachters». Laut Expertin Corinne Strebel verstösst diese Anforderung gegen Persönlichkeitsrechte der Betroffenen. Die Gemeindepräsidentin rechtfertigt die Massnahme mit dem Schutz der Mitarbeitenden. In Zell müssen Personen, die Sozialhilfe beantragen, neben den üblichen Unterlagen auch ihren Strafregisterauszug vorlegen. Eine Sozialarbeiterin der kantonalen Justizdirektion meldete den Fall beim Beratungszentrum des «Beobachters», nachdem sie bei der Wiedereingliederung eines Klienten auf diese Anforderung stiess. «Was hat das eine mit dem anderen zu tun?», fragte die Sozialarbeiterin. Juristen sehen die Praxis kritisch. Corinne Strebel, Expertin für Sozialhilferecht beim «Beobachter», ist keine andere Gemeinde in der Schweiz bekannt, die das gleich handhabt. Sie betont, dass ein Sozialdienst nur Informationen einfordern dürfe, die für die Berechnung der Sozialhilfe relevant seien. Ihrer Ansicht nach ist ein Strafregistereintrag dafür nicht von Bedeutung. «Zum Schutz aller Beteiligter» Die Gemeinde Zell im Tösstal mit knapp 7000 Einwohnerinnen und Einwohnern begründet ihr Vorgehen mit Artikel 18 des kantonalen Sozialhilfegesetzes. Dieser verlangt, dass Hilfesuchende vollständig Auskunft über ihre persönlichen Verhältnisse geben. Für Regula Ehrismann, Gemeindepräsidentin und Vorsteherin der Sozialbehörde gehört zu dieser Transparenz auch das Strafregister zum «präventiven Schutz aller Beteiligten», also der Mitarbeiter der Sozialbehörde. Juristin Strebel beeindruckt dieses Argument wenig. Und auch wenn die Gemeinde beteuert, dass Einträge im Strafregister keinen Einfluss auf die Höhe der Sozialhilfe haben, so sieht die Rechtsexpertin in der Forderung eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte. Das Strafregister enthalte höchst persönliche Informationen, die das Amt nichts angingen, sagt sie.