Arbeitgeber sollen Steuern eintreiben Hinzugefügt am 6. Oktober 2018 | by Markus Zöbeli | Uncategorized | (Textauszug Tages-Anzeiger vom 5. Oktober 2018 / von Markus Brotschi) Die Schuldenberatungsstellen hoffen auf die Einführung der Quellensteuer. «Mehr Netto vom Brutto» ist in Deutschland ein geflügeltes Wort. Dahinter steht die Forderung, dass den Erwerbstätigen nach Abzug aller Sozialversicherungsbeiträge und Steuern mehr von ihrem Lohn übrig bleibt. Allerdings werden in Deutschland im Unterschied zur Schweiz die Steuern den Arbeitnehmern direkt vom Lohn abgezogen. Diese Quellenbesteuerung will der Berner BDP-Nationalrat Heinz Siegenthaler nun auch in der Schweiz einführen. Er hat letzte Woche einen entsprechenden parlamentarischen Vorstoss eingereicht. Inspiriert haben ihn Diskussionen mit seiner bayerischen Partnerin und deren Verwandten, die sich über das aufwendige Steuerinkasso in der Schweiz wundern. Dies brachte Siegenthaler auf die Idee, dass es auch in der Schweiz einfacher ginge. «Die Quellensteuer funktioniert in Deutschland seit Jahrzehnten», sagt der Landwirt. Das Ausfüllen der Steuererklärung, die Kontrolle durch das Steueramt und das Inkasso verursache einen grossen administrativen Aufwand, sagt Siegenthaler. Dieser sei bei unselbstständig Erwerbenden kaum mehr zu rechtfertigen, weil der Spielraum bei Erwerbstätigen mit Lohnausweis meistens ohnehin klein sei. Deshalb wäre es viel einfacher, wenn der Arbeitgeber die Steuern gleich vom Lohn abzöge. Für Siegenthaler hätte dies einen entscheidenden Vorteil. Die Steuerpflichtigen erhielten Ende Monat jenen Lohn, über den sie effektiv frei verfügen könnten. Dem Staat entstünden gleichzeitig weniger Steuerausfälle von Leuten, die ihre Steuern nicht bezahlten. Siegenthaler kann sich vorstellen, dass der Bund es den einzelnen Kantonen überlässt, ob sie die Quellenbesteuerung einführen. Mit der Freiwilligkeit könnte dem Widerstand der Kantone gegen einen solchen Systemwechsel begegnet werden. Einzelne Kantone könnten dann eine Vorreiterrolle übernehmen und andere von der Quellenbesteuerung überzeugen… Steuerschulden sind die häufigsten Schulden Die Schuldenberatungsstellen würden die Einführung der Quellensteuer begrüssen. Denn Steuerschulden seien die häufigsten Schulden von Privatpersonen in der Schweiz, sagt Sébastien Mercier, Geschäftsleiter von Schuldenberatung Schweiz. Gegen 80 Prozent der Personen, die Hilfe bei Schuldenberatungsstellen suchen, haben Steuerschulden. Bei diesen handelt es sich zudem meistens um die grössten der jeweils ausstehenden Beträge. Allerdings müsse gleichzeitig mit Einführung der Quellensteuer das Existenzminimum in allen Kantonen von den Steuern befreit werden, sagt Mercier. Sonst würde ein automatischer Steuerabzug vom Lohn dazu führen, dass Erwerbstätige mit kleinem Einkommen unter Umständen zu wenig zum Leben bleibe. Heute ist es so, dass bei einer Lohnpfändung das Existenzminimum unangetastet bleibt. Die Steuern werden dann oft nicht bezahlt und können vom Staat auch mit einer Betreibung nicht eingetrieben werden. Mercier geht davon aus, dass die Einführung einer Quellensteuer die Banken zu mehr Vorsicht bei der Vergabe von Kleinkrediten veranlassen würde. Heute wüssten die Kreditinstitute, dass bei einer Betreibung zuerst die Kreditschulden mit einer Lohnpfändung beglichen würden und das Steueramt das Nachsehen habe. Bei der Quellensteuer komme zuerst der Staat zu seinem Geld und erst dann könne der Lohn gepfändet werden, um Kreditausstände und andere Schulden zu begleichen. Weiterlesen. Fiskus direkter Zugriff auf den Lohn? Viele werden wegen Steuern betrieben: automatischer Lohnabzug als Lösung?