BGE: Rechtsmissbräuchlicher Antrag auf Konkurseröffnung Hinzugefügt am 24. Dezember 2018 | by Markus Zöbeli | Uncategorized | Zum wiederholten Male urteilt das Bundesgericht (BGE 5A_435 vom 25. Oktober 2018 / Publikation vorgesehen, Textauszug nachfolgend) zu Ungunsten einer Privatperson, welche sich durch eine Insolvenzerklärung von der Schuldenlast befreien wollte. Die Handhabung durch die kantonalen Aufsichtsbehörden ist unterschiedlich; die geltende Rechtsprechung durch das Bundesgericht stösst bei den kantonalen Gerichtsinstanzen und Fachexperten zum Teil auf Widerstand (siehe nachfolgenden Beitrag „Schulden – Privatkonkurs? Gibt es nicht mehr!“). Die Insolvenzerklärung (Art. 191 SchKG) eines Schuldners, der eine Konkurseröffnung verlangt, um zum Nachteil eines einzelnen Gläubigers eine Einkommenspfändung zu beenden, ist rechtsmissbräuchlich. A. schloss mit der Bank B. einen Darlehensvertrag ab, der ihn zur Rückzahlung von über CHF 138 000.00 in 72 monatlichen Raten à CHF 1 917.00 verpflichtete. Nach seiner Pensionierung schlug A. vor, seine Schuld stattdessen in Monatsraten von CHF 500.00 zu begleichen. Die Bank kündigte das Darlehen und stellte ein Betreibungsbegehren über den unbezahlten Restbetrag einschliesslich Zinsen von CHF 82 633.00. A. bezieht eine AHV-Rente von monatlich CHF 1 622.0 und eine BVG-Rente seiner Vorsorgeeinrichtung von monatlich CHF 2 210.00. Das Betreibungsamt Genf ordnete eine Einkommenspfändung der BVG-Rente im Umfang von monatlich CHF 990.00 an. Wenige Tage später erklärte sich A. für zahlungsunfähig und beantragte beim erstinstanzlichen Genfer Gericht, gestützt auf Art. 191 SchKG, die Konkurseröffnung. Die Genfer Gerichte wiesen den Antrag des Schuldners A. in erster und zweiter Instanz ab. A. gelangte mit einer Beschwerde an das Bundesgericht und verlangte die Konkurseröffnung über sein Vermögen. Das Bundesgericht erwägt unter Anderem, dass eine Insolvenzerklärung dann rechtsmissbräuchlich sei, wenn sie eine Schädigung der Gläubiger bezwecke. Das Bundesgericht kommt zum Schluss, dass der freiwillige Konkurs nach Art. 191 SchKG kein Verfahren sei, das der Lösung von Verschuldungsproblemen diene. Art. 93 SchKG, der die Einkommenspfändung vorsehe, würde praktisch seiner Substanz beraubt, wenn der Schuldner eine freie Wahl zwischen der Einkommenspfändung und der Insolvenzerklärung hätte. Eine solche setze voraus, dass der Schuldner einen wirtschaftlichen Neustart anstrebe. Im vorliegenden Fall beantrage der Schuldner A. die Konkurseröffnung mit der Begründung, dass er seine volle Rente zurückerlange und eine „etwas weniger harte Existenz“ als mit der Einkommenspfändung führen wolle. Das Bundesgericht hält fest, dass A., weil er seit mehreren Jahren pensioniert sei, nicht das Ziel eines wirtschaftlichen Neustarts verfolge. A. bezwecke somit eine Beendigung der Einkommenspfändung, die dazu bestimmt sei, seinen (einzigen) Gläubiger zu schädigen. Die Insolvenzerklärung des Schuldners sei daher als rechtsmissbräuchlich anzusehen. Entscheidend für den Ausgang des Verfahrens sei das konkret verfolgte Ziel, und nicht der alleinige Umstand, dass es sich um einen einzelnen Gläubiger handle. Wenn auch die finanziellen Schwierigkeiten des Schuldners noch einige Jahre andauern würden, so sei ihr Ende angesichts des Gesamtbetrages von rund CHF 83 000 und des monatlich pfändbaren Betrags von CHF 990.00 dennoch absehbar. Damit unterstreicht das Bundesgericht, dass die Prüfung eines Rechtsmissbrauchs unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu erfolgen habe (Fazit / Kommentar von Andreas Güngerich und Anita Miescher – Quellenangabe). Schulden – Privatkonkurs? Gibt es nicht mehr! Privatkonkurs: BR erkennt Handlungsbedarf Wie der Bundesrat verschuldeten Personen helfen will