BLICK: Vielen Hotels fehlen die ausländischen Gäste. Was kommt auf die Hotel und Gastrobranche zu – eine grosse Pleitewelle?
Raoul Egeli: Es kommt darauf an, wo genau das Hotel liegt. Gerade Stadthotels sind in einer deutlich schwierigeren Situation als Betriebe in ländlichen, klassischen Touristenregionen. Diese haben davon profitiert, dass viele Schweizer Ferien im eigenen Land machten. Gastrobetriebe, die zum Beispiel einen guten Teil des Umsatzes mit Messen gemacht haben, dürften es sehr schwer haben.

Was kommt auf die ganze Wirtschaft zu?
Viele KMU haben in den letzten Monaten von den staatlichen Massnahmen wie den Covid-19-Krediten und der Kurzarbeitsentschädigung profitieren können. So sind diverse Unternehmen, die so oder so in eine schwierige Situation gekommen wären, zu flüssigen Mitteln gekommen. Das heisst, viele Konkurse wurden durch die Stützungsmassnahmen aufgeschoben …

… aber nicht aufgehoben?
Richtig! Bei den Überbrückungskrediten wurde nur darauf geschaut, ob sich eine Firma nicht bereits in Liquidation befindet, und nicht auf ihr allgemeines Zahlungsverhalten. Das heisst, auch eine Firma, die bereits ernsthafte Zahlungsprobleme hatte, bekam einen Covid-19-Kredit. Das hat ihr für ein paar Monate Liquidität verschafft. Deshalb ist in den Monaten März und April, mitten im Lockdown, die Zahl der Konkurse deutlich gesunken.

Hätten die Banken bei der Kreditvergabe genauer hinschauen müssen?
Die Politik hat schnell und effizient gehandelt, darauf geachtet, dass die Flut der Kreditanfragen zu bewältigen war. Das war der Situation angepasst. Im Nachhinein lässt sich sagen: Man hätte neben der Frage der Liquidation auch das Vorliegen von erheblichen Zahlungsproblemen berücksichtigen müssen. Denn für solche Firmen dürfte es unmöglich sein, das Geld zurückzuzahlen. Immerhin: Mit den Covid-Krediten konnten Gläubiger bezahlt werden, für die das Geld sonst nicht mehr gereicht hätte.

War der Bund zu grosszügig?
Wenn ich mir die aktuellen Zahlen anschaue: Auf ein Kreditvolumen von über 16 Milliarden Franken kommen Bürgschaftsverluste von knapp 14 Millionen. Das ist im Rahmen. Die grosse Frage ist nun: Wie entwickelt sich die Wirtschaft weiter, und wie viele Firmen können den Kredit tatsächlich zurückzahlen?

Kommt die Konkurswelle überhaupt?
Das ist kein Hirngespinst, die Konkurswelle kommt. Im September haben wir schon mal einen Anstieg der Konkurse gesehen, und so richtig los geht es im Spätherbst. Ich rechne ab November mit der grossen Konkurswelle.