Ungerechtfertigte Betreibungseinträge und skrupellose Inkassobüros Hinzugefügt am 13. Oktober 2019 | by Markus Zöbeli | Uncategorized | (Textauszug NZZ vom 24. September 2019 / von Werner Grundlehner) Ein ungerechtfertigter Zahlungsbefehl lässt sich leicht abwehren. Die Löschung des Eintrags im Betreibungsregister ist seit Jahresbeginn leichter geworden. Die Inkassobüros bleiben gierig. Bei vielen Schweizern liegen die Nerven blank, wenn der Betreibungsbeamte vor der Tür steht und einen Zahlungsbefehl übergeben will. Die Annahme sollte nicht verweigert werden, sonst wird er durch die Polizei zugestellt. Um eine Betreibung einzuleiten, muss der betreibende Gläubiger keinen Nachweis für den Bestand seiner Forderung erbringen. Mit einem Rechtsvorschlag wird das Verfahren dagegen gestoppt. Der Rechtsvorschlag ist gegenüber dem Betreibungsamt und nicht etwa gegenüber dem Gläubiger innerhalb von zehn Tagen zu erklären. Dies kann mündlich oder schriftlich geschehen. Man kann auch nur für einen Teil der Forderung Rechtsvorschlag erheben. Der Gläubiger kann seine Betreibung erst fortsetzen, wenn er gerichtlich belegt hat, dass seine Forderung zu Recht besteht. Ein Rechtsvorschlag ist ein probates Mittel, um eine ungerechtfertigte Betreibung abzuwehren. Doch auch wenn der vermeintliche Gläubiger aufgibt, gibt es einen Haken. Im Betreibungsregisterauszug bleibt die Betreibung vermerkt – für fünf Jahre. Das finanzielle Zeugnis Ein Betreibungsregisterauszug ist das finanzielle Zeugnis. Das am Wohnort zuständige Betreibungsamt fasst alle gegenwärtigen und vergangenen Schuldverhältnisse einer natürlichen oder juristischen Person zusammen. Im Auszug ist aufgeführt, ob es zu Betreibungen kam, ob solche noch hängig oder bereits erledigt sind, ob Betreibungen bestritten wurden und ob es sogar Pfändungen oder Verlustscheine gegeben hat. Ein solcher Auszug muss meist dann vorgelegt werden, wenn es um die Kreditwürdigkeit einer Person geht – etwa bei der Stellensuche, bei einem Einbürgerungsgesuch oder für Kreditanträge. Wichtig ist ein einwandfreier Betreibungsregisterauszug insbesondere für Mieter auf der Wohnungssuche… Mit einer Feststellungsklage kann die betriebene Person feststellen lassen, dass sie der betreibenden Partei nichts schuldet. Es gibt einerseits die Möglichkeit, die Feststellungsklage nach dem Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz (SchKG) oder nach der Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO) zu führen. Die Verfahren unterscheiden sich unter anderem darin, dass die Klage nach SchKG am Betreibungsort erfolgen muss (ZPO: allgemeiner Gerichtsstand), keine Schlichtungsverhandlung erfolgt und eine vorläufige Einstellung der Betreibung möglich ist. Seit Jahresbeginn gibt es nur noch eine Voraussetzung für die Zulässigkeit einer solchen Klage: Es muss eine laufende Betreibung geben. Ob Rechtsvorschlag erhoben wurde oder nicht, ist dabei nicht mehr relevant. Ein teurer Beweis Das Problem hierbei ist, dass die Person, die glaubt, zu Unrecht betrieben worden zu sein, einen Vorschuss leisten muss, der meist in der Höhe der absehbaren Gerichtskosten ausfällt. Letztere richten sich nach dem Streitwert und unterscheiden sich von Kanton zu Kanton. Für einen Streitwert von 100 000 Fr. belaufen sich die Gerichtskosten aber überall auf mehrere tausend Franken. Zur Erinnerung: Betreibungen müssen keine realen Forderungen zugrunde liegen. So ist etwa der Fall eines Anwalts bekannt, der von einem unzufriedenen Klienten «zur Rache» auf 1 Mio. Fr. betrieben wurde. Die Kosten für das Gericht muss der Kläger selber beim unterlegenen Beklagten einfordern. Zu Jahresbeginn 2019 ist die Revision des SchKG in Kraft getreten. Das geänderte Gesetz schützt Personen besser, die zu Unrecht betrieben werden. Neu können betriebene Personen bei den Betreibungsämtern, nach Ablauf einer Frist von drei Monaten nach Erhalt des Zahlungsbefehls, ein Gesuch zur Löschung des Eintrags stellen. Das Betreibungsamt wird jedoch den Eintrag aufrechterhalten, wenn der Gläubiger innerhalb von 20 Tagen den Nachweis erbringt, dass er ein Verfahren zur Beseitigung des Rechtsvorschlags eingeleitet hat. Dritte werden auch dann weiter über die Betreibung in Kenntnis gesetzt, wenn der Nachweis vom Gläubiger nachträglich erbracht oder die Betreibung fortgesetzt wird. Die Zahl der zugestellten Zahlungsbefehle wächst in der Schweiz kontinuierlich. 2018 wurden fast 3 Mio. Zahlungsbefehle zugestellt und rund 690 000 Betreibungen durchgeführt. Die nichtbegründbaren Betreibungen sind dabei klar in der Minderzahl. Forderungsbetrag wird erhöht Zu Problemen kommt es laut Schuldenberatern oft mit Inkassobüros, die Forderungen von Gläubigern übernehmen… Inkassobüros versuchen oft, Druck aufzubauen, indem sie die ursprüngliche Forderung um weitere Kosten erhöhen. Zum Grundbetrag kommen Verzugszinsen, Mahngebühren und ein Verzugsschaden hinzu. Der Verzugsschaden wird mit Kosten für juristische Beratungen, dem Suchen von Adressen usw. begründet. «Da kommt es vor, dass die Forderung das Dreifache des Hauptbetrages ausmacht», sagt der Schuldenberater. Doch gilt, falls die Forderung berechtigt ist: Geschuldet wird der Ursprungsbetrag zuzüglich eines Verzugszinses von 5%, aber nur, wenn zu spät bezahlt wird. Mahngebühren fallen nur an, wenn diese in den allgemeinen Geschäftsbedingungen des ursprünglichen Vertrags vorgesehen sind. Der Verzugsschaden muss nicht bezahlt werden. Wenn man mit einem Rechtsvorschlag einen Teil der Betreibung abwehren konnte, bleibt laut Schuldenberater aber ein Eintrag für eine Teilbetreibung im Betreibungsregisterauszug. Daran hat auch die Revision des SchKG zum Jahresbeginn 2019 nichts geändert. Weiterlesen.